Tauchunfall – Sauerstoffgabe aus rechtlicher Sicht
Die Gabe von reinem Sauerstoff zählt zu den den wichtigsten Erste-Hilfe-Maßnahmen nach einem Tauchunfall.
Die Gabe von reinem Sauerstoff zählt zu den den wichtigsten Erste-Hilfe-Maßnahmen nach einem Tauchunfall.
Verwendet wird dazu medizinischer Sauerstoff. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei medizinischem Sauerstoff gemäß Definition nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) um ein sogenanntes Fertigarzneimittel handelt. Denn nach dem AMG sind Arzneimittel "Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen".
Dementsprechend unterliegt medizinischer Sauerstoff den Anforderungen des Deutschen Arzneibuches (DAB 10). Daraus ergibt sich somit das Verfallsdatum für medizinischen Sauerstoff von 3 Jahren.
Wird nun reiner Sauerstoff infolge eines Tauchunfalls durch einen Laien (zum Beispiel durch den Buddy) verabreicht, stellt sich die Frage, ob er dazu rechtlich überhaupt befugt ist. Denn Sauerstoff gilt als Medikament und Medikamente dürfen lediglich durch einen Arzt oder Heilpraktiker verabreicht werden.
Die rechtliche Grundlage für diesen Sachverhalt bildet das sogenannte Heilpraktiker-Gesetz (HPG). Danach besteht ein Tätigkeitsvorbehalt für Ärzte und Heilpraktiker, wonach nur Ärzten und Heilpraktikern ein Behandlungsrecht zusteht. Außerdem macht es die Ausübung der Heilkunde ohne ärztliche Approbation, in diesem Fall die Gabe von reinem Sauerstoff, von einer behördlichen Erlaubnis abhängig. Von daher wäre ein Laie nicht ohne Weiteres zur Gabe von medizinischem Sauerstoff rechtlich befugt.
Doch nach dem dem Strafgesetzbuch (StGB) besteht eine allgemeine Hilfeleistungspflicht.
Wird diese nicht erfüllt, besteht der Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung (§323 c StGB).
Darin heißt es, dass bestraft wird, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist.
Inzwischen hat die Rechtsprechung mehrfach festgestellt, dass diese allgemeine Hilfeleistungspflicht im Unglücksfall (in diesem Fall Erste-Hilfe nach einem Tauchunfall) vor das Heilpraktiker-Gesetz tritt.
Wurde nun also ein Sauerstoffkoffer erworben und der bestimmungsgemäße Gebrauch mit diesem in einem entsprechendem Seminar erlernt, besteht nicht nur eine Berechtigung, sondern sogar eine rechtliche Verpflichtung, Hilfe zu leisten und schnellstmöglich reinen Sauerstoff zu verabreichen.
Sollte es bei dieser geleisteten Hilfe zu Komplikationen kommen, ist der Hilfeleistende zudem nach §34 StGB (Rechtfertigender Notstand) geschützt und dementsprechend nicht strafbar.
Lange Rede, kurzer Sinn:
Sollte es zu einem Tauchunfall kommen, ist die Gabe von reinem Sauerstoff unumstritten eine der wichtigsten Erste-Hilfe-Maßnahmen. Und als Taucher mit entsprechenden Kenntnissen bist du nicht nur zur Anwendung rechtlich berechtigt, sondern auch rechtlich verpflichtet, davon Gebrauch zu machen.
Darum ist es so wichtig (und O2 Rescue empfiehlt dies auch), als Taucher jährlich Erste-Hilfe-Kenntnisse in einem entsprechenden Aufbaukurs aufzufrischen und damit jederzeit bereit zu sein, Erste Hilfe an Taucher und andere Menschen in Not leisten zu können.